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Rod Stewart in Hannover – Ein letzter Tanz mit der Legende

Die „Global Hits – One Last Time“-Tour startet fulminant in der ZAG Arena. Ein Abend für die Ewigkeit.

Es gibt sie noch – diese Konzerte, die man nie vergisst

Es gibt sie noch, diese Abende, an denen man aus einer Konzerthalle tritt und das Gefühl hat, gerade Zeuge von etwas Einmaligem geworden zu sein. Nicht wegen der Lautstärke, nicht wegen der Effekte oder des Budgets – sondern wegen der Magie, die sich zwischen Bühne und Publikum entfaltet. Der Tourauftakt von Rod Stewart am 14. Mai 2024 in der ausverkauften ZAG Arena Hannover war genau so ein Abend. Ein Abend voller Nostalgie, Lebensfreude, Rock’n’Roll – und einem Hauch von Abschied.

9000 Fans hatten sich versammelt. Menschen, die Stewart seit Jahrzehnten begleiten, aber auch viele Jüngere, die ihre Eltern oder Großeltern begleitet hatten – oder selbst Fans geworden sind. Einige zahlten bis zu 400 Euro für die besten Plätze, doch am Ende sollte niemand den Preis hinterfragen. Denn Rod Stewart lieferte ein Konzert, das Erwartungen nicht nur erfüllte – sondern übertraf.

Wenn der Vorhang fällt und der Rock’n’Roll beginnt

Punkt 20:13 Uhr hebt sich der schwarze Vorhang. Die Band spielt Robert Palmers „Addicted to Love“. Vorne: sechs Musikerinnen, perfekt gestylt, ganz im Look des ikonischen 80er-Videos. Es ist mehr als eine musikalische Referenz – es ist eine Verbeugung vor der Ära, aus der Stewart selbst mit ganzer Seele stammt. Und dann: Er betritt die Bühne. Rod Stewart. Der Rock-Dandy, der Gentleman mit der Reibeisenstimme. Im silbernen Glitzerjacket, wie frisch dem Swinging London der 70er entsprungen. Und die Arena tobt.

Man erwartet einen Schritt zurück – schließlich ist er fast 80. Doch stattdessen läuft, tanzt, winkt und singt Stewart vom ersten Moment an mit einer Energie, die so manch jüngeren Kollegen blass aussehen lässt. Und das Publikum? Steht, tanzt, singt – ab dem ersten Takt.

Eine Setlist, die keine Wünsche offenlässt

Der Abend ist ein musikalischer Ritt durch fünf Jahrzehnte Rockgeschichte. Stewart serviert ein Feuerwerk der Welthits – und das ganz ohne neue Songs oder Ballast. “Ich bin ein altmodischer Entertainer”, sagt er später augenzwinkernd. “Ich gebe den Leuten das, was sie hören wollen.” Und das tut er: Ob „You Wear It Well“, „Having a Party“, „Tonight I’m Yours“ oder „Forever Young“ – die Songs rauschen durch die Arena wie eine Welle aus Erinnerungen.

Jeder Song ist ein Treffer. Bei „Have You Ever Seen the Rain?“ stehen die meisten schon längst – spätestens aber bei „The First Cut Is the Deepest“ hält es keinen mehr auf den Sitzen. Stewart singt ihn mit ausgestrecktem Arm, das Mikrofon einen halben Meter vom Mund entfernt. Und dennoch: Jeder Ton sitzt. Seine Stimme hat nichts eingebüßt. Sie kratzt, schnurrt, explodiert – und sie transportiert Emotionen, wie es kaum ein anderer schafft.

Von der Soul-Ballade zur Stadion-Hymne

Besonders eindrucksvoll ist die emotionale Spannweite des Abends. Ein Moment sind wir im Stadion, beim lauten Mitsingen zu „Young Turks“ oder „Stay With Me“, im nächsten hängen 9.000 Menschen an seinen Lippen, wenn er „I Don’t Want to Talk About It“ singt – mit dieser Stimme, die Risse hat, aber genau deshalb so berührt.

„Maggie May“ kommt früh, wird aber gefeiert wie ein Finale. Und „Tonight’s the Night“ ist so charmant und zweideutig wie eh und je – Stewart zwinkert dazu ins Publikum, flirtet mit der Kamera, scherzt über seine eigenen Texte. Es ist eine Performance zwischen Show, Selbstironie und echtem Gefühl. Hier steht keiner, der einfach nur „runterspielt“. Hier lebt jemand jeden Ton.

Musikerinnen, Soli und das große Ganze

Neben Stewart selbst glänzen besonders seine Musikerinnen. Da ist die Geigerin, die bei „Forever Young“ ein atemberaubendes Solo hinlegt, während Stewart sich kurz hinter der Bühne umzieht. Da ist die Harfenistin, die bei „You’re in My Heart“ für Gänsehaut sorgt. Und natürlich die drei Backgroundsängerinnen, die weit mehr sind als Begleitung. Sie sind Power, Präsenz, Show.

Zwischendurch übernehmen sie komplett das Zepter – mit stimmgewaltigen Versionen von „I’m Every Woman“ und „Lady Marmalade“. Stewart überlässt ihnen bewusst die Bühne, gönnt sich selbst Pausen, aber ohne, dass der Drive des Abends je verloren geht. Es ist ein Geben und Nehmen, ein perfekt choreografiertes Wechselspiel. Auch der Saxofonist bekommt bei „Downtown Train“ Raum für sein Solo – und nutzt ihn eindrucksvoll.

Ein Publikum zwischen Gänsehaut und Ekstase

Was diesen Abend ebenfalls besonders macht, ist die Reaktion im Saal. Hier wird nicht einfach mitgeklatscht – hier wird mitgefühlt. „Ich bin erst 16, aber das war das beste Konzert meines Lebens“, sagt ein Mädchen nach der Show. Ein älterer Herr aus Braunschweig zeigt ein Tattoo mit Stewarts Porträt auf seinem Arm – er sei bei über 30 Konzerten gewesen. Und ein junges Pärchen in der ersten Reihe feiert bei „Da Ya Think I’m Sexy?“ als wäre es 1979.

Die Altersstruktur reicht von 10 bis 80 – und jeder kennt die Songs. Man spürt, wie sehr diese Musik Generationen verbunden hat. „Have I Told You Lately“ wird zur kollektiven Umarmung, „Sailing“ zum gemeinsamen Träumen. Die Energie in der Halle ist elektrisierend, die Stimmung feierlich, aber nie wehmütig. Es ist ein Fest. Ein Dankeschön. Eine letzte große Liebeserklärung.

Kostümwechsel, Rockposen und britischer Humor

Drei Mal wechselt Rod Stewart an diesem Abend sein Outfit – immer mit einem Augenzwinkern. Mal glänzt sein Jackett in Gold, dann zieren rote Rosen den Anzug. Einmal kommt er in komplettem Leopardenlook zurück – samt Glitzerschal. Das Publikum johlt. „Ich sehe aus wie ein verirrter Flamingo“, scherzt er. Und trotzdem steht ihm alles – weil er es mit Haltung trägt. Weil er sich nicht zu ernst nimmt. Weil er ein Entertainer ist. Einer der alten Schule.

Er wirbelt den Mikrofonständer, balanciert ihn lässig auf der Schulter, tanzt mit seinen Sängerinnen, spielt mit dem Publikum. Seine Sprüche sitzen. Sein Humor ist britisch, trocken – und nie plump. Wenn er über seine acht Kinder sagt, „mehr kann ich mir nicht leisten“, lacht die ganze Arena. Auch, weil man spürt: Da steht jemand, der mit sich im Reinen ist.

Ein Blick zurück – und ein letzter Blick nach vorn

Stewart war zuletzt 2002 in Hannover, damals noch in der Preussag Arena. Viel hat sich verändert seitdem – die Halle, die Preise, die Welt. Doch seine Musik ist geblieben. Und sie funktioniert heute noch genauso wie damals. Vielleicht sogar besser, weil sie gereift ist. Weil sie Bestand hat. Weil sie zeitlos ist.

Er selbst reflektiert das alles nur kurz. „Ich habe geheiratet und zwei weitere Kinder bekommen. Mehr ist nicht passiert“, sagt er trocken. Doch allein seine Präsenz auf der Bühne, seine Spielfreude und Dankbarkeit sprechen Bände. Es ist nicht einfach eine weitere Tour. Es ist seine letzte große Verneigung vor den Fans. Und es fühlt sich an, als sei auch das Publikum bereit, das zu würdigen – und mit ihm diesen Weg zu gehen.

Die Zugaben – wenn der Vorhang sich ein letztes Mal hebt

Nach knapp zwei Stunden verschwindet Stewart ein letztes Mal von der Bühne. Die Arena ist erfüllt von Applaus, Pfiffen, Standing Ovations. Dann: der letzte Vorhang. Und was folgt, ist pure Ekstase. Bei „Da Ya Think I’m Sexy?“ fliegen Fußbälle ins Publikum, es wird getanzt, gelacht, geküsst. Die Kamera schwenkt durch die Reihen – und überall sieht man Freude.

Dann das große Finale: „Sailing“. Die Bühne in Blau getaucht, Meeresrauschen vom Band, der Mond leuchtet über der Leinwand. Stewart steht mittig, Kapitänsmütze auf dem Kopf, beide Arme erhoben. Die ganze Halle singt. Sanft. Ehrlich. Bewegend. Hier liegen sich Fremde in den Armen. Manche weinen. Andere lächeln. Es ist ein Moment, wie ihn nur Musik schaffen kann. Und Stewart genießt ihn. Still. Mit einem dankbaren Blick. Und einem letzten Winken.

„One Last Time“ – und was bleibt

Ob es wirklich das letzte Mal war? Wer weiß das schon. Vielleicht kommt er wieder. Vielleicht auch nicht. Doch eines ist klar: Wenn dies das letzte Hannover-Konzert von Rod Stewart war, dann war es eines, wie es besser nicht hätte sein können. Voller Energie, Gefühl, Witz, Würde und einem Repertoire, das seinesgleichen sucht.

Rod Stewart ist nicht einfach ein Musiker. Er ist ein Stück Musikgeschichte. Ein Mann, der mit jedem Song Erinnerungen weckt. Der Tränen zulässt, ohne sentimental zu sein. Der feiern kann, ohne kitschig zu wirken. Der zeigt, dass Rock’n’Roll nicht altert – sondern lebt.

Fazit: Ein Konzert wie eine Lebensreise – auf dem Höhepunkt beendet

Hannover hat einen der ganz Großen gefeiert. Und er hat es zurückgegeben. Mit einer Show, die nicht nur musikalisch auf höchstem Niveau war, sondern auch menschlich. Rod Stewart hat sich mit Stil verabschiedet – und vielleicht gerade deshalb gezeigt, warum er zu den unvergesslichen gehört.

Danke, Sir Rod. Für diesen Abend. Für deine Lieder. Für die Jahrzehnte. Und für den Beweis, dass man für Rock’n’Roll nie zu alt ist.


Update: Rod Stewart 2025 erneut in Deutschland

Rod Stewart wird im Frühjahr und Herbst 2025 noch einmal für nach Deutschland zurückkehren.

  • 03.05.2025 – Dortmund – Westfalenhalle
  • 04.05.2025 – Bremen – ÖVB Arena
  • 25.11.2025 – Hamburg – Barclays Arena
  • 28.11.2025 – Leipzig – QUARTERBACK Immobilien Arena
  • 29.11.2025 – Mannheim – SAP Arena
  • 02.12.2025 – Köln – Lanxess Arena
  • 07.12.2025 – München – Olympiahalle

Tickets unter www.livenation.de, www.ticketmaster.de und www.eventim.de


Setlist – Rod Stewart
14. Mai 2024, ZAG Arena Hannover:

  1. Just Can’t Get Enough (Depeche Mode, Intro)
  2. Scotland the Brave (vom Band)
  3. Addicted to Love (Robert Palmer Cover)
  4. You Wear It Well
  5. Having a Party (Sam Cooke Cover)
  6. Have You Ever Seen the Rain? (CCR Cover)
  7. Tonight I’m Yours (Don’t Hurt Me)
  8. Forever Young
  9. The First Cut Is the Deepest (Cat Stevens Cover)
  10. I Don’t Want to Talk About It (Crazy Horse Cover)
  11. Maggie May
  12. I’d Rather Go Blind (Etta James Cover)
  13. Young Turks
  14. Stay With Me (Faces Song)
  15. Downtown Train (Tom Waits Cover)
  16. I’m Every Woman (Chaka Khan Cover – gesungen von den Backgroundsängerinnen)
  17. Tonight’s the Night (Gonna Be Alright)
  18. You’re in My Heart (The Final Acclaim)
  19. Have I Told You Lately (Van Morrison Cover)
  20. Lady Marmalade (The Eleventh Hour Cover – von Backgroundsängerinnen)
  21. It Takes Two (Kim Weston Cover)
  22. Some Guys Have All the Luck (The Persuaders Cover)
  23. Da Ya Think I’m Sexy?
  24. Sailing (The Sutherland Brothers Band Cover)