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Zum Tod von Charlie Watts

The Rolling Stones: Eine Band, die mich durch mein Leben begleitet.

Schon als kleiner Junge kam ich mit Musik, und hierbei besonders mit der Musik der Beatles und eben der Rolling Stones, in Berührung.

Mein Vater war Musiker in einer Band und so waren die Klassiker, die es damals Ende der 70er Jahre bereits waren, beider Bands irgendwie immer allgegenwärtig. Mein Interesse an der Musik wuchs immer weiter, jedoch habe ich es musikalisch mit einem Instrument nicht weiter als bis zum Glockenspiel geschafft. Mich faszinierte das LIVE.

So hielt ich damals bereits die Auftritte der Band meines Vaters, wenn sie mit der Oldie-Truppe auftraten, mit meinem Kassettenrekorder fest. Es war aber auch klar, dass ich diese Auftritte irgendwann gegen die „großen“ Auftritte tauschen werden würde.

Mein Vater hatte damals, bis heute, sehr wenig Verständnis dafür. „Wir haben uns die Seele aus dem Leib gespielt und die gehen auf die Bühne und bekommen das Vielfache allein über Eintrittsgelder“, meckerte er immer wieder. Die Unterschiede zwischen seinen kleinen Auftritten und den großen Shows waren ihm dabei egal.

1990

Egal war mir hierbei aber, bis heute, seine Meinung dazu. Im Mai 1990 hatten sich nun The Rolling Stones für zwei Konzerte im Rahmen ihrer „Urban Jungle Tour“ im Niedersachsenstadion Hannover angekündigt. Für mich ein Startsignal. Ich war Feuer und Flamme und MUSSTE da irgendwie hin. Da ich meinen Vater nicht überreden konnte, kam ich mit meinen 15 Jahren am Mittwoch, 23. Mai 1990 aus der Schule, zog mich um und steckte mir 20 DM ein, die ich mir durch das Austragen von Zeitungen sauer verdient hatte, und machte mich per Alleingang auf den Weg zum Niedersachsenstadion.

Bereits auf dem Weg dorthin war eine besondere Stimmung in der Stadt. Überall waren die Leute mit Stones Shirts, Stones Kutten und jeder Menge Bier bewaffnet unterwegs und all dies verlieh diesem Anlass etwas ganz Besonderes. Es war auch gleichzeitig der Europa-Tourauftakt der Band um Mick Jagger und je näher ich zum Stadion kam, je mehr wuchs die Spannung in mir auf das, was mich erwartete. Die Hoffnung, dass ich für meine 20 DM eine Karte bekommen sollte, schwand jedoch auch mit jedem Meter, den ich mich in Richtung Stadion bewegte. Englische Schwarzmarkthändler hatten zwar stapelweise Tickets in der Hand, wollten aber damals bereits 250 DM pro Karte, die ursprünglich eigentlich 59 DM gekostet hat, haben.

Für mich stand fest, dass ich mich jedoch keinen Meter vom Stadion wegbewege, bevor ich nicht einen Ton der Stones aus dem Stadion gehört hatte. Ich fand mich von Minute zu Minute mehr damit ab, dass mein erstes Liveerlebnis dieser Art vor dem Stadion stattfinden sollte.

Ein letztes Mal begab ich mich vor die Stadiontore, wo noch ein Schwarzmarkthändler stand und noch genau eine Karte hatte. „The Show will start in a few minutes. This is your last chance to see the legendary Rolling Stones“, durfte ich mir anhören. Ich machte ihm klar, dass ich wirklich nur die 20 DM hätte und ich daher seine Karte nicht kaufen könnte.

Diese Szene beobachtete inzwischen ein Herr mittleren Alters, der sich aus dem Hintergrund in das Gespräch einmischte. „Ich habe auch noch eine Karte über“, sagte er zu uns. Ich wiederholte, dass ich nur 20 DM hätte, und der Herr meinte zu dem Schwarzmarkthändler „jetzt stellt sich nur noch die Frage, wer von uns beiden weniger für seine Karte haben möchte“ und grinste mich an. „Komm Junge, ich schenk sie Dir. Ich habe Dich die ganze Zeit beobachtet und finde es schäbig, wie diese Menschen einen jungen Fan abzocken wollen“. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte – ob er das wirklich ernst meinte. Ich hielt ihm meine 20 DM hin, aber er winkte ab, wünschte mir viel Spaß und verschwand.

Ich machte mich nun auf. Nicht in Stadion, sondern zur nächstgelegenen Telefonzelle, um meine Eltern anzurufen und ihnen mit Stolz mitzuteilen, dass ich ins Stadion gehen kann. 20 Pfennig eingeworfen, Nummer gewählt, Anrufbeantworter niemand zu Hause. Meine Großeltern waren im Urlaub, blieb also noch die Nummer der Nachbarn. Gesagt getan – und wahrscheinlich auch, aufgrund der besonderen Meinung meines Vaters zu großen Konzerten, die bessere Variante.

Nun hielt mich aber nichts mehr auf und ich ging mit meiner Karte, die ich so fest in der Hand hielt, wie bis dahin nichts weiter, zum Stadion. „Lassen die mich 15 Jahre alten Knirps überhaupt rein“, ging mir durch den Kopf. Aber das war alles kein Problem. Ich ging zum Block, der auf der Karte war und war im Stadion. Es war überwältigend. Diese Bühne war der Wahnsinn und es dauerte nicht mehr lange, bis die Musik vom Band durch Jungle-Musik abgelöst wurde und es einen lauten Knall gab, den ich bis heute nicht vergessen habe. Da waren sie: Live und in Farbe „The Rolling Stones“ und starteten mit „Start me up“.

Die Stimmung im Stadion kochte, auch wenn es nicht ganz ausverkauft war. 55.000 waren bei dieser Zusatzshow dabei, denn die eigentliche, innerhalb von kurzer Zeit ausverkaufte Show, sollte einen Tag später am Vatertag an gleicher Stelle stattfinden.

Ich war völlig perplex und kann mich bis heute an jedes Detail von damals erinnern.

Da ich nun noch keine 16 Jahre alt war, beschloss ich diesen Abend jedoch nicht auszureizen und den Ärger zu Hause möglichst gering zu halten und machte mich um 22 Uhr auf den Heimweg. Auch wenn ich die Show nicht bis zum Ende verfolgt hatte, machte es mich Stolz und ich war völlig überwältigt von dem, was ich an diesem Tag erleben durfte und es war das erste Erlebnis mit den Rolling Stones, die für mich seitdem einen besonderen Platz in meiner Liebe zur Musik innehatten.

1995

1995 stand die nächste Tour von Mick Jagger, Ron Wood, Keith Richards und Chralie Watts an. Es war die erste Tour ohne ihren Bassisten Bill Wyman, der fortan auf der Bühne durch Daryll Jones ersetzt wurde.

Da auch Hannover auf dem Tourplan stand, stellte sich für mich keine Frage, ob ich dabei bin oder nicht. Das Ticket direkt am Tag des Vorverkaufs gesichert, ging es dann am 22. Juni 1995 wieder ins Niedersachsenstadion und diesmal bis zum Ende! Wir schafften es damals bis in die zweite Reihe und es war ein großartiges Gefühl meinen Idolen so nah zu sein.

Da die Tour 1995 durch einen Autokonzern aus Wolfsburg gesponsort wurde, sollte es in Hannover nur eine Show geben und, quasi als Zusatzkonzert, ein Konzert in Wolfsburg auf dem Parkplatz des Konzerns, wo weit über 90.000 Menschen die Stones feierten. Das es in Strömen regnete, interessierte niemanden. Für die Stadt war es DAS Ereignis schlechthin und durch die Genehmigung erst nach 22 Uhr zu starten, kam die Bühnenshow auch noch einmal ganz anders zur Geltung und so blieb auch dieser Abend in bester, wenn auch sehr nasser, Erinnerung.

1997

Dann kam der Dezember 1997. Ich saß in meiner Wohnung vor dem Fernseher und mein Telefon klingelte. Ich nahm ab und hörte von der anderen Seite der Leitung nur „Ich habe gewonnen! Ich habe gewonnen“, mit einer völlig aufgeregten Stimme. Es war ein Freund von mir, der eigentlich nur weniger Meter weiter um die Ecke wohnte.

Felix hatte damals, aus Langeweile zwischen Schulende und Beginn des Studiums, immer wieder an Preisausschreiben teilgenommen. Hierbei fragte er mich irgendwann beiläufig, wie oft das Video der Stones zu „Anybody seen my Baby“ neu gedreht werden musste. Ich hatte diese Zahl zufällig irgendwo gelesen oder gehört und sagte sie ihm, ohne darüber weiter nachzudenken.

An diesem besagten Tag im Dezember 1997 klingelte, vor dem Anruf bei mir, das Telefon bei meinem Kumpel. Dort war ein Mitarbeiter des Fernsehsenders VIVA dran, der ihm zum Gewinn für ein Preisausschreiben gratulierte, da er exakt die Zahl auf das Band des Senders gesprochen hatte, die für die Frage „Wie oft wurde das Video der Rolling Stones zu Anybody seen my Baby gedreht?“ gesucht wurde.

„Was hast Du denn gewonnen?“ fragte ich ihn. „Hawaii!“ entgegnete er mir nur. „Wie jetzt? Hawaii? Einfach so?“ folgte nun von mir. „Nein, zwei Personen zu den Stones. Kannst du dich noch erinnern, dass ich dich wegen dem Video neulich gefragt hatte?“ kam nun wieder von Felix. „Ääääääähm, zwei Personen? Nimmst du mich mit?“, fragte ich scherzhaft. Der Rest ist Geschichte.

Im Januar 1998 saßen wir beide im Flugzeug, dass uns erst von Hannover nach Frankfurt brachte, wo wir auf Guido Weiß von VIVA TV trafen, der uns auf der Reise begleitete. Von Frankfurt ging es dann nach Los Angeles, wo uns dann der Sommer und der erste Jetlag trafen, und von dort aus weiter nach Honolulu auf Hawaii, wo wir in einem noblen Hotel direkt am Waikiki Beach untergebracht waren.

Nach diversen Erlebnissen in Shopping Malls, an die zu diesem Zeitpunkt in Deutschland noch gar nicht zu denken waren, Inselrundfahrten einem Flug nach Maui, meterhohen Wellen am Surfers Paradise, stand dann der Abend an, als wir die Rolling Stones im legendären Honolulu Stadium erleben durften.

Allein das gesamte Umfeld rund um und im Stadion waren ein Erlebnis. Das Stadion war komplett bestuhlt, das Rauchen verboten und die Ordner rissen jedem, der es versucht hatte, die Kippe förmlich aus der Hand ohne dabei auf die Leute davor, daneben oder dahinter zu achten. Ein Glimmstengel hatte die Folge, dass sich der Security förmlich durch die Reihe stürzte.

Allerdings gab es an diesem Abend eine Ausnahme, den Keith Richards zog während der Show, die mit Satifaction begann und stellte alles, was ich bis dahin mit Urban Jungle und Voodoo Lounge vorher erlebte, in den Schatten. Von der Bühne fuhr eine Brücke auf eine kleine Bühne inmitten des Stadions aus und Mick, Keith, Ron und Charlie liefen direkt über uns in der 10. Reihe des Innenraums zur B-Stage.

Leider ging die Zeit an diesem Abend genauso schnell vorbei, wie die Zeit für uns auf Hawaii und so ging es dann von Honolulu zurück in Richtung Deutschland, wo wir eine Zwischenlandung in Chicago machten. Nachdem wir bei 35 Grad in Honlulu starteten, landeten wir in Chicago morgens um 5 Uhr Ortszeit bei Minus 25 Grad. Neben riesigem Hunger traf uns dieser Wetterwechsel brutal und so nahmen wir von unserem Shoppingausflug in die Stadt auch noch eine fette Grippe wieder mit nach Hause. Aber, hey – es war für die Stones…

1998

Im Sommer sollte die „Bridges to Babylon“-Tour dann auch nach Europa kommen. Selbstredend war auch Hannover dabei. Aufgrund der enormen Nachfrage reichte das Stadion damals nicht aus und so wurde das Konzert auf dem EXPO-Gelände gespielt. Da mein Kumpel von der Hawaii-Reise mit seiner Familie dabei sein wollte, zwang ich meinen Vater damals ebenfalls mitzukommen – was er auch tat und so das (bisher) einzige Mal die Rolling Stones Live erleben sollte.

Die Show war ähnlich, wie auf Hawaii, aber durch das weitläufige Gelände auch mit einer ganz anderen Stimmung als im Stadion. Für mich, bis heute, das schwächste Konzert, dass ich von der Band erleben durfte.

Neben dem Konzert in Hannover, spielten die Stones auch noch in Hamburg, was für mich als Konzertjunkie natürlich ein Pflichtkonzert war. Dazu wurde auch noch eine Show in Bremen im Weserstadion angesetzt, wo ich damals spontan mit einem anderen Freund hinfuhr. Wir wollten schauen, ob wir günstig Karten vor dem Stadion bekommen sollten, da das Konzert bei weitem nicht ausverkauft war.

Wir machten es uns auf dem Weserdeich gemütlich, gingen immer mal wieder los, um nach einem „Schnapper“ zu schauen und hatten sonst ausgemacht, dass wir von draußen zuhören.

Gerade als ich wieder einmal Ausschau nach Tickets hielt, rannten auf einmal die Menschen ins Stadion. Ein Tor zum Innenraum war offen und jeder nutzte die Chance ins Stadion zu kommen. Wie gut, dass es damals die ersten Handys gab und so rief ich meine Begleitung an, der sich auch direkt aufmachte, jedoch meine Lederjacke mit sämtlichen Schlüsseln neben sich liegen ließ und mich den Abend in Bremen daher auch bis heute nicht vergessen lässt…

Das Konzert wurde übrigens an dem Abend Live auf Sat1 im Fernsehen übertragen und ist inzwischen auch als DVD unter dem Namen „Bridges to Bremen“ erhältlich.

2003

Im August 2003 waren die Stones dann erneut für ein Konzert in Hannover angekündigt. Erneut sollte es nicht im Stadion, sondern auf einer Fläche des ehemaligen EXPO Geländes stattfinden. Der Vorverkauf lief damals schleppend und dazu wurde dann noch mit den Onkelz eine Vorgruppe eingeladen, die nun mal so gar nicht zu den Stones passte und damals auch als Rechtsrockband bekannt war.

Für mich war dies einer der Gründe kein Ticket für die Show im Vorverkauf zu kaufen. Es war jedoch kein Grund, dass ich nicht zum Gelände fuhr. Ich kam pünktlich zum Ende der Vorgruppe an und die Preise der Schwarzmarkthändler waren im Keller, da es reichlich Leute gab, die aufgrund der Vorgruppe ihre Karten verkaufen wollten und so gab es dann die Stones zum kleinen Preis und einer soliden Show vor „nur“ 50.000 Fans.

2006

Wieder war ein Konzert der Rolling Stones angekündigt und diesmal ging es zurück ins Stadion. Das Niedersachsenstadion war zur gerade beendeten Fußball-WM 2006 frisch umgebaut und hatte auch nicht mehr die Kapazität von 60.000 Besuchern. „Bigger Bang“ lautete das Tourmotto und 35.000 Fans waren dabei, was nicht zuletzt auf die horrenden Ticketpreise zurückzuführen war, die bei über 200 Euro lagen.

Da ich im Jahr 2006 für das Volunteer-Management bei der WM in Hannover aktiv war, erhielten wir damals eine Einladung zur Show, die ebenfalls als solider Stadionrock bei mir in Erinnerung geblieben ist.

Nur ein Jahr später sollte die Tour erneut nach Deutschland zurückkommen und in Hamburg Station machen. Allerdings waren mir dann die Ticketpreise inzwischen zu hoch, sodass ich für mich beschloss, dieses Konzert auszulassen, was auch für die Tour 2014 gelten sollte.

2018

Mit der „No Filter“ Tour gelang den Stones ein fulminantes Comeback (wenn man das bei einer Band wie den Stones überhaupt so sagen darf). Nach drei umjubelten und ausverkauften Shows 2017 in Hamburg, München und Düsseldorf und durchweg großen Kritiken, gab es 2018 eine Zugabe in Berlin und Stuttgart.

Da ich inzwischen als Konzertfotograf unterwegs war, stellte ich, nach einer erfolglosen Anfrage 2017 für Hamburg, eine Akkreditierungsanfrage für die Show in Berlin im Olympiastadion.

Es war der 21. Juni 2018 als am späten Nachmittag dann die Zusage per E-Mail durch den Veranstalter kam. Meine Hände zitterten und mir schossen vor Freude die Tränen in die Augen. Ich durfte die Stones fotografieren. Unfassbar und für mich bis heute DAS Highlight meiner Laufbahn als „kleiner“ Konzertfotograf, der einer von 15 bestätigten Fotografen für die Show in Berlin sein durfte.

Gesagt, getan und so ging es am 22. Juni 2018 mit meinem Namensvetter Thorsten auf die Autobahn nach Berlin. Am Olympiastadion angekommen fanden wir auch noch einen Parkplatz direkt am Stadion und genau zu dem Moment, wo wir ausgestiegen waren und uns ein Kaltgetränk öffneten, starteten die Rolling Stones im Olympiastadion ihren Soundcheck. Ein besseres Willkommen hätte es nicht geben können.

Da noch ein weiterer Fotografenkollege aus unserer Region auf dem Weg nach Berlin war, hatten wir uns verabredet und telefonierten uns zusammen. Da er jedoch komplett auf der anderen Seite geparkt hatte, trafen wir uns erst im Stadion.

Dann ging es ab zum Schalter, um unsere Akkreditierungen abzuholen und dann direkt zum Treffpunkt des örtlichen Veranstalters.

Ich war aufgeregt wie ein kleines Kind zu Weihnachten. Bei der Geschichte, die ich mit den Rolling Stones verbinde, war das einfach so unfassbar. Die Liebe zur Musik und zu Konzerten, hatte sich inzwischen auf die Fotoebene begeben und nun stehe ich im Olympiastadion und warte darauf, direkt an die Bühne geführt zu werden und, nach U2, meine absoluten Idole fotografieren zu dürfen.

Ich hatte zwar bereits einige große Bands wie z.B. die Foo Fighters, Kiss oder Sting fotografieren dürfen, aber die Stones waren noch einmal für mich eine ganz andere Nummer – einfach etwas ganz Besonderes.

Nachdem wir die Vorgruppe „The Kooks“ fotografiert hatte, wuchs meine Nervosität immer mehr. Dann war es endlich soweit und wir bekamen unsere Fotopässe und wurden vor die Bühne geführt, wo wir am Ende eines Laufstegs platziert wurden. Immerhin hatte ich eine entsprechende Brennweite dabei, sodass ich hoffte, dass sich Keith und Mick während der ersten drei Songs möglichst oft vorn aufhalten würden.

Dann war es endlich soweit und die Show startete und mir rutschte das Herz in die Hose. Da waren sie nun also: The Rolling Stones direkt für mich vor meiner Kamera. Tief durchgeatmet ging es dann los und ich machte meine Bilder. Zwar waren die Jungs noch etwas Lauf faul, was den Laufsteg anging, jedoch kam Mick dann doch noch weit nach vorne und perfekt vor meine Linse, was mir dann später ein Foto im englischen und irischen Mirror einbrachte.

Die Zeit verging wie im Flug und schon waren die drei Songs vorbei, wir mussten aus dem Graben und unsere Taschen einschließen, durften aber die Show natürlich zu Ende schauen.

Während der Show, die absolut überragend war, standen wir zusammen und sagten immer wieder, dass es absolut enorm ist, was die Jungs da in ihrem Alter noch auf der Bühne leisteten. Mich Jagger war unterwegs, als wenn er frische 20 wäre, Keith und Ron jammten mit einer Freude im Gesicht, als wenn sie zum ersten Mal vor Publikum spielen würden und Charlie saß lächelnd, glücklich hinter seinen Drums und spielte, als wenn es nichts anderes gäbe.

„Wie lange halten die Jungs das noch durch?“, stellte sich uns immer wieder als Frage und wir waren uns einig, dass wir die Rolling Stones wahrscheinlich zum letzten Mal Live erleben würden.

2021

Was wir in Berlin 2018 schon locker nach dem Fotografieren bei einem Bier meinten, ist nun seit dem 24. August 2021 bittere Realität. Erst vor wenigen Tagen vermeldeten die Stones, dass die Fortsetzung der US-Tour von „No Filter“ ohne ihren Schlagzeuger Charlie Watts stattfinden würde, der aufgrund eines medizinischen Eingriffs eine Pause einlegen würde, aber sobald er gesund ist natürlich wieder zurückkehren würde.

Da keimte in mir ein kleines bisschen Hoffnung auf, dass die Stones vielleicht dann doch noch einmal den Weg nach Europa finden würden.

Am Abend des 24. August 2021 verbreitete sich die Nachricht vom Ableben von Charlie Watts wie ein Lauffeuer durch die Medien. Es ist unfassbar. Der, der immer von allen am fittesten schien, ist nun derjenige, der geht und den typischen Rhythmus der Band für immer verstummen lässt.

Selbst wenn die Band mit Mick Jagger, Ron Wood und Keith Richards noch die angekündigte US-Tour spielen sollte, wird es eben nicht mehr dasselbe sein, denn Charlie Watts war nicht nur der Taktgeber, sondern eben auch die gute Seele der Band und wird somit immer fehlen.

Ich bin dankbar für jedes der 10 Konzerte, dass ich seit meinem Alleingang mit 15 Jahren im Jahr 1990 erleben durfte. Dankbar, dass ich durch meinen Vater so früh mit der Musik und dabei mit der Musik der Stones in Verbindung kam und vor allem dankbar, dass sich mein Kreis mit diesen vielen persönlichen Erlebnissen rund um diese großartige Band damit geschlossen hat, dass ich die Band 2018 fotografieren durfte.


22. Juni 2018 – The Rolling Stones – Berlin – Olympiastadion